Ein Gewitter, Fotos von Blitzen nach Mitternacht, ein Bildangebot per E-Mail an die DPA.
Das sollte es um 01:30 Uhr nach den Unwettern vom Pfingstmontag eigentlich gewesen sein. Bilder mit Beschreibungen versehen, bearbeitet und verschickt. Doch am Morgen danach sichtete ich die Aufnahmen, die ich vor dem eigentlichen Gewitter im Garten gemacht hatte und reichte das Bild nach, das dann später zum Beispiel bei Bild.de ins Zentrum des Interesses rückte.
Filmvergleiche, Religionsdiskussionen, Staunen, Zweifeln, Montagetheorien, usw.
Vieles war bei den fast 400 Kommentaren auf Bild.de dabei. 5400 Likes am Folgetag, über 1100mal geteilt – für mich ein Anlass, einen Einblick zur Entstehung des Bildes zu geben.
Gegen 22:20 Uhr näherte sich am Pfingstmontag die tief hängende Wolkenfront aus Westen, nachdem sie im Ruhrgebiet mit Schwerpunkt Düsseldorf schon verheerende Folgen hinterließ. Auffällig war die Form dieser Front: Sie ähnelte zwei aufeinanderfolgenden Bugwellen oder auch Wirbeln, wie man sie bei Unterwasseraufnahmen von gebrochenen Wellen kennt. Fasziniert sah ich zu, wie die Wolken zügig näher kamen. Der Wind wurde immer stärker und erste Tropfen fielen. Auch die ersten Blitze sorgten für einen Effekt, der später entscheidenden Einfluss auf das Schlussbild nehmen sollte: Die Wolken wurden unterschiedlich „beleuchtet“ und nahmen unterschiedliche Farben an (Farbtemperaturen): Das gelbliche durch das Kunstlicht der Straßenlaternen/Umgebung, das bläuliche durch den Dämmerungshimmel und die Blitze (hier zu sehen am oberen Bildrand und am Horizont).
Da nun die ersten Gegenstände durch den Garten flogen, legte ich die Kamera kurz zur Seite und wechselte den Standort. Die folgenden Aufnahmen machte ich dann fast aus dem Trockenen – jetzt mit Stativ. Ich „knipste“ mich an die Lichtsituation heran, versuchte Ergebnisse zu erzielen, die meinen staunenden Eindruck von dieser mächtigen Formation widerspiegelten. Ein 16mm-Fisheyeobjektiv (180°-Sichtfeld in der Diagonalen) hatte ich mittlerweile geholt, womit ich eine sehr weitwinkelige Totale einfangen wollte. Die Wolken so tief, schnell und mit diesen Formen, da wollte ich keinen (kleinen) Ausschnitt wählen: das sollte alles drauf. Dieses Objektiv bringt dann den gewölbten Effekt mit sich – ähnlich wie beim Blick durch einen Türspion.
Die ersten Aufnahmen (drei Minuten nach dem Bild von oben) zeigten, dass die Wolken zu schnell waren für eine Langzeitbelichtung von z.B. 15-30 Sek. Zuvor dachte ich, dass das die Wellenbewegungen besser zeigen könnte. Die Wolke wurde bei der Aufnahme aber durch die Bewegung so „glatt gebügelt“ und verwischt, dass die Farben interessant aussahen, aber die faszinierenden Formen der Unterseite und diese Sogwelle, nicht zu erkennen waren. Bei der Anzahl der Blitze am Himmel wurde auch schnell klar, dass ich nicht auf den Himmel belichten konnte, sondern unterbelichten musste, damit im Falle eines Blitzes nicht alles zu hell ist. Das brachte dann diese düsteren Versionen hervor:
Also ISO hoch, Belichtungszeit runter.
Der Wischeffekt wurde nun reduziert. Hinzu kamen die Blitze aus unterschiedlichen Richtungen, die dann die entscheidenden Unterschiede bei gleicher Kameraeinstellung brachten:
Das Umgebungslicht von Geseke (orange, links) sorgte weiterhin für den Farbunterschied und die Blitze entweder deutlich vom rechten Horizont oder aus dem Inneren der Zelle machten die Konturen der Wolkenunterseite sichtbar, so ,wie sie das Auge live auch wahrnahm.
Der Zufall half nach
Was dann bei dem Bild aber noch glücklicherweise zusammenkam, war eine einzige Blitzentladung erst zum Ende der Belichtung von 5 Sekunden. Nun mischten sich alle bisherigen Effekte in einer Aufnahme:
Während der ersten Belichtungsphase ohne Blitzentladung (dunklere Umgebung) verwischten die Wolkenteile, die von links beleuchtet wurden (linke Bildhälfte). Auch in der Wölbung ins Innere der Wolke (Bildmitte) erkennt man den „Wischeffekt“. Ein Blitz von rechts brachte dann die Konturen der Unterseite wieder zum Vorschein und „fror“ die Wolke ein (wer in der Dämmerung einen bewegten Gegenstand mit Blitz fotografiert, sieht bei verlängerter Belichtungszeit einen Wischeffekt UND ein scharfes Abbild des Motivs). Das war es dann, was dem ohnehin beeindruckenden Naturschauspiel das i-Tüpfelchen aufsetzte.
Ein jüngstes Verwendungsbeispiel schickte mir Julian Stratenschulte/dpa dankenswerterweise: Als Sommerbilanz wurde es nochmals Ende August ausgekramt.
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