HDR

WISSEN :: Erstellen von Nachtaufnahmen :: Erklärung für Einsteiger

Fotografieren bei Nacht ist eine recht spezielle Disziplin. Die Zahl der Fotos von Kamerabesitzern, die zur späten Abendzeit oder bei Nacht entstehen ist eher gering. Umso mehr können diese Aufnahmen auffallen oder gar beeindrucken. Was es damit auf sich hat, wie diese Bilder entstehen und welche Rolle die Bearbeitung am Computer spielt, möchte ich hier vorstellen.

Das Technische

Wer z.B. wie bei meinem Beispiel in einer Stadt bei Dunkelheit fotografieren möchte, benötigt ein Stativ und möglichst einen Fernauslöser (für Geduldige funktioniert auch der Selbstauslöser). Somit ermöglicht man verwacklungsfreie Fotos, da die Kamera je nach Einstellung der Blende und der Lichtempfindlichkeit (iso) zwischen 5 oder auch mal 120 Sekunden belichtet. Das genau ist der Punkt, der Passanten oder unerfahreneren Kameranutzern manchmal suspekt vorkommt, wenn sie fragen, was ich da a) solange mache oder b) was ich denn in der Dunkelheit überhaupt sehe und fotografiere. Für manche der Fragenden ist doch ein Foto freihand mit einem Klick getan, sofern Automatiken und Blitz das zulassen und ferner wird man im Extremfall auf einem Foto einer dunklen Ecke auch nichts sehen.

Das Problem

Unser Auge hat die Fähigkeit enorm hohe Kontraste bzw. Helligkeitsunterschiede zu bewältigen. Es sieht in einer unbeleuchteten Straße sowohl die Mülltonne auf dem dunklen Bürgersteig, als auch das Wappen einer Brauerei in einer hellen Neonreklame. Das kann die Kamera nicht. Sie (bzw. der Fotograf) muss sich „entscheiden“, was richtig dargestellt werden soll. Ist es die Leuchtreklame, so fällt die Belichtung eher kurz aus. Das Logo ist zu erkennen – der Rest der Szene wird überwiegend schwarz (unterbelichtet) sein. Sollen der Straßenzug und somit auch Details auf dem düsteren Bürgersteig zu sehen sein, muss die Kamera länger belichten: Auf der Mülltonne ist eine Aufschrift zu lesen – das komplette Reklameschild der Kneipe und dessen Lichtschein an der Hauswand aber ist strahlend weiß (überbelichtet)! Möchte ich nur ein Bild machen, muss ich mich je nach Situation entscheiden oder mit dem berühmten Mittelweg einen Kompromiss eingehen, was die Kamera ohnehin versucht.

Die Lösung

Soll aber die Szene meinen Seheindruck vor Ort und somit die Sehleistung meines Auges wiedergeben, so kann man mehrere Fotos mit dem exakten Blickwinkel machen und sie später am Computer zusammenfügen: Die Reklame, der Bürgersteig, die Schrift auf der Mülltonne, das Restlicht im Himmel usw.  Dies setzt voraus, dass man die Kamera manuell bedienen kann. Es gibt unterschiedliche Verfahren in der Nachbearbeitung, bei der Art zu Fotografieren hat man es mit Belichtungsreihen zu tun, manche Kameras bieten auch schon eine HDR-Funktion an. Mit dieser erstellt die Kamera automatisch ein Foto aus mehreren Belichtungen. Damit die Übergänge zwischen den unterschiedlich hellen Bildteilen nicht zu groß werden, macht man (selber oder die Kamera automatisch) mehrere Bilder mit  identischem Verlängerungsfaktor der Belichtungszeiten: 0,5, 1, 2, 4, 8, 16, 32, 64, 128, … Sekunden.

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Die Ergebnisse werden dann entweder in einem Bildbearbeitungsprogramm (mit Ebenen- und Maskenoption: Photoshop, GIMP) oder in einer HDR-Software manuell montiert bzw. bei zweiterem miteinander verrechnet. Somit entsteht nach einiger Arbeit ein Gesamtergebnis, das Einblicke in dunklere als auch hellere Bereiche ermöglicht – eben so, wie es unserem Auge gelingt.

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Bei dem vorliegenden Beispiel galt es den Spagat zwischen den dunklen Hinterhöfen / Gärten, der hellen Straße, den beleuchteten Kirchtürmen und dem Riesenrad zu schaffen. Die Belichtungszeiten lagen hier bei einer recht offenen Blende von f5.6 (die Zeit vor Ort war knapp bemessen) bei ISO 400 zwischen 1 und 50 Sekunden. Dieser Zeitspanne bedurfte es um die genannten Helligkeitsunterschiede zu meistern. In der obigen Aufstellung ist zu erkennen, dass erst das erste Bild Details in den Kirchturm der Marienkirche (links) bringt, während dieser bei allen anderen Belichtungen weiß bleibt. Da die Unterschiede bei diesem Bild so hoch waren und zudem helle Bereiche oft übergangslos enden,habe ich mich hier für die manuelle Montage mit Photoshop entschieden. Eine HDR-Software stößt hier an Grenzen, zumindest, wenn man wie ich das Ziel hat, so viel Licht ins Dunkle zu bringen. Häufiges Indiz dafür, dass eine HDR-Software bei solchen Lichtsituationen an Grenzen stößt sind die Schatten in extremen Übergangsbereichen. So bekommt z.B. der helle Kirchturm schnell eine dunkle, weich auslaufende Umrandung. Dies mit defensiven Einstellungen der Software zu vermeiden ist schwierig. Manchmal hilft zusätzlich, die Abstände zwischen den Belichtungen zu verkürzen und somit die Gesamtanzahl der Bilder zu erhöhen.

Wer also ein Stativ sein Eigen nennt, dem wünsche ich viel Freude und Überraschungen beim Fotografieren in der Dunkelheit.

 

Geseker Stiftskirche und Wasserrad zur blauen Stunde

Bei einem weihnachtlichen Spaziergang durch Geseke entstanden diese Aufnahmen. Eigentlich erwartete ich die Feiertagsbeleuchtung der Stiftskirche, wie sie zum Anlass des Restaurationsendes zu sehen waren: Lichter unterschiedlicher Farben am Kirchturm, ein knallroter Kreuzgang usw. Hier eine Archivaufnahme:

Da diese aber (zu dem Zeitpunkt noch?) nicht zu sehen war, machte ich Belichtungsreihen und leuchtete die Szenerie mit der LED-Lenser X21 und unterschiedlichen Farbfolien aus, was erneut zu einigen Irritationen von Passanten sorgte 😉

Volle Ladung Lichtstimmung

Gestern war mal wieder so ein Tag, an dem sich passend zum Sonnenuntergang die Bewölkung des Tages auflöste. Das Ergebnis: Die Sonne beleuchtete kurz vor Sonnenuntergang die restlichen Schauerwolken von unten und sorgte für ein besonderes Farbenspiel.

Alle Bilder sind Belichtungsreihen (5). Weitere Infos zum Fotografieren von Lichtstimmungen gibt es HIER

360°-HDR-Panorama | Wie geht das?

Es gibt zahlreiche Erklärungen im Netz, wie genau man Panoramen erstellt. Ich möchte daher hier nur einen groben Überblick geben. Als Beispiel dient mir ein Panorama, das ich nach Sonnenuntergang in Lippstadt aufgenommen habe. Die Einzelaufnahmen erstelle ich mit einem Fisheye-Objektiv im Hochformat. Der Blickwinkel in der Bilddiagonalen beträgt dabei ganze 180°. Insgesamt drehe ich die Kamera 15-mal um ihre eigene Achse. Dabei mache ich in jede Richtung 3 Aufnahmen mit unterschiedlichen Belichtungen. Die 3 Ergebnisse sind also unterschiedlich hell. Eine davon ist später dann für die kräftige Farbe im Himmel veranwortlich, eine dafür, dass man in dunkelen Schattenbereichen mehr sehen kann usw. Als Erstes werden nun diese 3 Bilder pro Blickrichtung montiert. Die Verrechnung zu einem sogenannten HDR-Bild (High Dynamic Range = Weites Dynamik- / Helligkeits-Spektrum) erfolgt dann automatisch. Anschließend müssen die neuen 15 HDR-Bilder zu einem Panorama montiert werden. Die meiste Arbeit dabei übernimmt wieder Software (PTgui). Jetzt habe ich die Wahl, wie das Endergebnis aussehen soll: Entweder eine breite „Tapete“, die die Szenerie komplett im Querformat abbildet … oder, wie in meinem Portfolio (Projekte/Panorama/Kugel) zu sehen ist, als Kugel, die wie eine kleine Erdkugel wirkt (daher der Originalname in der Software „little planet“). Zugegeben: Der Anblick ist sehr gewöhnungsbedürftig bis verspielt. Dennoch finde ich ihn reizvoll, weil man so viele Motivorte zum Nabel der Welt machen kann.

„Sind die Bilder bearbeitet?“

Wer sich mit digitaler Fotografie befasst, der kommt am Thema Bildbearbeitung nicht vorbei. Interessant zu beobachten ist dabei oft der Anspruch einiger, dass nur das Bild „pur“ aus der Kamera das einzig wahre, echte und unverfälschte sein könne.

Zweifel an der „Echtheit“ meiner Bilder sind bei manchem somit genauso schnell geboren wie die Frage: „Sind die Bilder bearbeitet?“. Dabei steht „bearbeitet“ häufig als Synonym für verfremdet oder manipuliert.

Kurze Antwort: „Ja, meine Bilder sind ALLE bearbeitet.“ Ich mag hier aber nicht aufzählen, dass Verkleinerungen und Tonwertkorrekturen auch bereits „Bearbeitungen“ sind, welche auch in der Kamera bereits eingestellt werden können. Meine Bilder optimiere ich mit dem Ziel meinen subjektiven Seheindruck vor Ort zu rekonstruieren.